In diesem Artikel sammle ich ein paar unzusammenhängende Themen die während des Betriebs der Anlage aufgefallen sind. Ganz im Sinne "vielleicht hilft es anderen".
Jütbaum
Den Jütbaum baue ich grundsätzlich lieber ab wenn ich ihn nicht brauche. Sonst wäre der Baum und das Seil ganzjährig unnötig der Witterung ausgesetzt - ausserdem nimmt der Jütbaum waagerecht ja auch Platz weg. Will man den Mast nun umlegen, dann muss das Seil oben wieder eingehängt werden. Dafür braucht man eine lange Leiter und man muss auch halbwegs schwindelfrei sein. Empfehlung: wie bei den Dachdeckern Leiter unten fixieren. Auch stabile Konstruktionen schwingen bei 5 Meter Länge ohne Auflage. Ich fahre deshalb gerne den Traktor neben die Leiter und verbinde den Frontlader mit der Leiter. Fühlt sich viel besser an. Sowohl beim Abschlagen, also auch beim Anschlagen des Seils muss man es unten los machen. Sonst hat man zusätzlich zum Gewicht von Schäkel und Seil auch noch Spannung drauf und bekommt es nicht eingehängt. Zur Zugentlastung binde ich ein Tau ca. 1m unterhalb des Schäkels oben an das Seil. Das Tau führe ich dann über eine obere Sprossenstufe der Leiter nach unten. Damit kann man das schwere Stahlseil dann hoch ziehen und kann es entspannt oben einhängen.
Schleifring
Bei der Bestellung des Systems kann man dieses mit oder ohne Schleifring an der Gondel ordern. Der Schleifring entkoppelt die Drehung des Mastes im Wind vom im Mast liegenden Kabel. Ordert man das System ohne Schleifring, verdreht sich das Kabel im Mast über die Zeit. Laut Anleitung soll man es dann einmal im Jahr per Sorgeklappe am Mastfuss entdrillen. Nachdem die Sorgeklappe gut zugänglich ist und einmal im Jahr im Rahmen der Wartung vertretbar ist, hatte ich die Variante ohne Schleifring bestellt. Wie sich herausgestellt hat, reicht die einmal jährliche Wartung aber überhaupt nicht aus. Gerade im Herbst- / Winterhalbjahr empfehle ich das alle zwei Monate zu machen.
Hintergrund der starken Verdrehung bei mir ist vermutlich eine unglückliche Abstimmung der Helikopter-Funktion mit der Bremsung oder aber schlicht viele Wetterlagen mit starken Böen. Geht der Rotor in Helikopterstellung passiert ja das folgende: der Rotor dreht sich horizontal mit noch relativ hoher Geschwindigkeit. Er erzeugt damit beim Abbremsen einen starken Drehimpuls, dem die Windfahne nicht genug Widerstand entgegen setzt. Der Rotor geht also in Helikopter und dreht die ganze Gondel dann einmal durch den Wind. Böen sind dem zuträglich weil sie die Helikopterstellung auslösen, der Wind danach aber wieder abnimmt und entsprechend die Windfahne nicht ausrichtet.
Zwei bislang nicht geprüfte Ansätze um das zu vermeiden wäre ggf. eine Änderung der Bremsspannung um die Reihenfolge Helikopter und dann Bremsung seltener zu machen. Also lieber früher Bremsen, damit der Drehimpuls in der Vertikale erfolgt. Der andere Ansatz wäre eine Vergrößerung der Windfahne?
Eine nachträgliche Installation eines Schleifrings ist leider nicht möglich, die Gondel mit Schleifring hat einen anderen Aufbau. Andererseits ist der Schleifring eine anfällige Konstruktion an einer schwer zugänglichen Stelle. Ein Wassereinbruch z. B. kann dann zu einer extra Wartung führen. Hat also alles Vor- und Nachteile.
Steuer
Ein Thema zu dem man wenig Informationen findet ist das Thema Steuer und Kleinwindanlagen. Wegen des ja doch erheblichen Investitionsbetrages lohnt es sich auf jeden Fall mit dem Steuerberater zu sprechen. Zu unterscheiden sind die Themen Umsatzsteuer und Abschreibung / Einkommensteuer.
Anders als Solaranlagen in den Jahren seit 2022 sind Kleinwindanlagen nicht von der Mehrwertsteuer befreit. Entsprechend bezahlt man bei Kauf den um 19% erhöhten Bruttobetrag des Nettopreises. Ist man als Steuerpflichtiger ohnehin umsatzsteuerpflichtig (also Selbstständige / Freiberufler / Firmen), kann die Umsatzsteuer nachträglich erstattet werden bzw. wird im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung mit abzuführender Umsatzsteuer (also Rechnung an Kunden) verrechnet. Speist man Strom ein, so wird man ohnehin umsatzsteuerpflichtig wenn man nicht die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nimmt.
Bei der Abschreibung / Einkommensteuer ist es etwas komplizierter, dazu steht erst einmal die Frage im Raum ob es sich bei der Anlage (mit Einspeisung) um Liebhaberei oder ein Gewerbe handelt. Für letzteres ist eine Gewinn-Erzielungsabsicht Voraussetzung und muss ggf. als realistisch nachgewiesen werden. Letzteres kann man formlos über eine Investment-Case (also Excel) mit Darstellung von erwarteten Einnahmen und Ausgaben machen. Zu den Einnahmen zählen hierbei nicht nur die Einspeisevergütung, sondern ggf. auch gewerbliche Eigennutzung des erzeugten Stroms. Das gilt zum Beispiel für Landwirte oder auch Freiberufler wie mich. Wendet man die Liebhaberei ab, dann kann man alle mit Bau und Betrieb der Kleinwindanlage verbundenen Kosten über (bei uns 10) Jahre abschreiben, also bei der ESt-Erklärung ansetzen.
RCD / Fehlstrom
Nach DIN VDE 0100-712 ist in Deutschland ein RCD Typ B (FI) zwischen Wechselrichter und Hausnetz vorgeschrieben. Das gilt sowohl für Solar, als auch für Kleinwindanlagen wenn der Wechselrichter nicht galvanisch getrennt (Trafo) ist. Moderne Wechselrichter verzichten wegen der höhere Effizienz auf die galvanische Trennung, der RCD ist also praktisch immer einzubauen.
Als ich in einer Gewitternacht die Anlage manuell abgebremst habe, flog der verbaute RCD. Fehlersuche und Recherche ergab, dass das wohl durch ein Zusammentreffen von EMV-Belastung (Gewitter) und Abbremsen mit neuer Sternpunktsituation verursacht wurde. Dabei können kleine Fehlströme auf der Ausgangsseite des Wechselrichter entstehen, die wegen der fehlenden vollständigen Galvanischen Trennung eben "durchgehen".
Nachdem die Anlage (inklusive Windmonitor) eine separate Stromversorgung hat, blieb die Bremse hier aktiv und der Windmonitor meldete einen Fehler bei der Wechselrichter-Kommunikation. Nach Schliessen des FI war wieder alles gut.
Das war jetzt aber der "Best-Case"! Dazu zwei üblere Szenarien:
- Als Stromversorgung der Anlage wird eine der drei Phasen am Wechselrichter verwendet. In diesem Fall hätte der RCD auch die Bremsung lahm gelegt. Die Anlage hätte keine Wechselrichterlast und keine Bremse mehr gehabt. Der einzige verbleibende Sicherheits-Mechanismus wäre hier der Helicopter gewesen, Überspannungen wären aber gesichert aufgetreten. Deshalb: dem Schaltschrank auf jeden Fall einen separaten Stromkreis spendieren.
- Die Bremsung wäre nicht absichtlich manuell und dauerhaft durch mich erfolgt, sondern z. B. im Rahmen der Überspannungsbegrenzung / automatischen Bremsung und unbeaufsichtigt. Der RCD wäre geflogen, der Wechselrichter wäre als Last nach der (automatischen) Beendigung der Bremsung nicht mehr da gewesen. Die Anlage wäre als ständig zwischen Freilauf und automatischer Bremsung gewechselt. Das ist nicht so schlimm wie der erste Fall, aber auch Bruchgefahr.
Im Ergebnis heisst das, dass der RCD möglichst nur bei relevanten Fehlströmen auslösen sollte. Kontrolle meines RCD ergab dann auch, dass ein RCD Typ A verbaut war... Typ A RCD sind gut für Personenschutz im Haus / Badezimmer, für einen Wechselrichter ist aber ein sogenannter "allstromsensitiver" RCD Typ B notwendig. Der löst in solchen Situation nicht unkontrolliert aus. Der Typ B ist wegen der komplexeren Technik ca. 5 mal so teuer wie der Typ A, den habe ich aber jetzt dennoch nachgerüstet, konkret den ABB F204 B.
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