Hier nun ein Ausflug in eines der komplexeren Themen, das lokale Energiemanagement. Für mich hat das Thema die beiden Komponenten Monitoring und Steuerung.

Per Monitoring schafft man zunächst Transparenz zu möglichst vielen Verbrauchern im Haus. Hierbei werden einzeln Verbraucher und Verbrauchergruppen bzgl. realem Verbrauch gemessen. Die Messung erfolgt entweder einmalig - z. B. durch einen Energieberater - oder kontinuierlich. Monitoring hilft sowohl ökologisch, also auch finanziell. Über viele Verbraucher ist man sich gar nicht bewusst, das Monitoring führt einem vor Augen was man ändern kann. Jede eingesparte kWh bedeutet weniger CO2 Emission. Die COEinsparung erfolgt im eigenen Haushalt oder aber an anderer Stelle nach Einspeisung von regenerativer Energie. Und jede eingesparte kWh spart Geld - egal ob man sie nicht mehr vom Versorger beziehen muss, oder ob man sie zusätzlich einspeisen kann und damit vergütet bekommt.

Per Steuerung werden Verbraucher automatisch oder halbautomatisch ein-/ausgeschaltet oder dynamisch geregelt. Während auch das einen ökologischen Beitrag leistet (bekanntes Beispiel: Heizungsthermostat) steht hier eher die finanzielle Seite im Vordergrund. Mit einer automatischer Steuerung von Verbrauchern können Verbräuche reduziert und vor allen in dafür günstige Zeiten gelegt werden. Als prominentes Beispiel ist hier schon mal die sogenannte Überschussladung von Elektroautos zu nennen: das e-Auto wird dann geladen, wenn ein Überschuss produziert wird. Es fallen hier entsprechend nur die Kosten der entgangenen Einspeisevergütung an, nicht aber der volle Preis einer kWh beim Versorger. Es gibt mittlerweile auch Versorger die den aktuellen Strom-Börsenpreis zeitgenau abrechnen (z. B. Tibber). Hier lohnt es sich analog zur Eigenproduktion Verbräuche in kostengünstige Zeiten zu legen. Mit der finanziellen Optimierung lassen sich Investitionen in die dezentrale Energiezelle attraktiver gestalten. Das sehen wir bei der aktuellen Explosion von Energiepreisen ja auch ganz deutlich: steigt der Preis, entsteht ein Run auf alternative - regenerative - Energiequellen.

An dieser Stelle eine Liste von Szenarien die bei uns umgesetzt sind: Überschussladen des e-Auto, Geschirrspüler, Erhaltungsladungen, Teichpumpen; Abschalten von Beleuchtung wenn im entsprechenden Raum keine Bewegung stattfindet; "Sektorkopplung" von Heizung und Strom per Heizstab; zeitabhängiges Schalten von Computerinfrastruktur (automatisches Herunterfahren bei Nacht); Szenariosteuerung (beim Einschalten des TV wird jede Beleuchtung ausserhalb des Wohnzimmers abgeschaltet); Einsatz von Dämmerungsschaltern.

Womit wir zu der zentralen Frage "wie macht man das?" kommen. Die Antwort hierauf ist leider nicht einfach. Ein intelligentes Energiemanagement erfordert eine Menge an Sensorik (Monitoring) und Steuerungsmöglichkeiten (sog. Aktoren) im Haus. Darüber hinaus muss das alles integriert werden. Die eingesetzten Techniken sind vielfältig. Die einfache Zeitschaltuhr ist ein Beispiel - mittags aktiv, ist die Wahrscheinlichkeit für Überschuss aus PV hoch. Viele Wechselrichter haben einen Schaltausgang mit dem sich grosse Verbraucher bei Überschuss einschalten lassen - z. B. die Wallbox. Moderne Haushaltsgeräte erlauben das zeitverzögerte Einschalten. Es gibt auch Energiemanager die etwas über den einfachen Schaltausgang des Wechselrichters hinaus gehen und mehrer Verbraucher ansteuern können. Ein Beispiel hierfür ist der SMARTFOX. Für den Anfang sollte man sich auf jeden Fall auf die Grossverbraucher konzentrieren, hier ist der Hebel am größten.

Will man das Energiemanagement professionalisieren, kommt man aber um ein zentrales Monitoring und Steuerung nicht herum. Auch hier gibt es mittlerweile eine Vielzahl vom Lösungen, speziell kann hier der Bereich der "Homeautomation" helfen. Homeautomation wird mit Systemen wie Apple HomeKit, Alexa und universellen Lösungen wie Homeassistent oder openHAB realisiert. Sie erlauben eine regelbasierte Steuerung von Aktoren. Gerade die letztgenannten Lösungen stellen auch Integrationsmöglichkeiten von Sensoren und Aktoren unterschiedlicher Hersteller zur Verfügung. Aber alles das ist nichts für jeden. Die Regeln zur Messung und Steuerung können zwar mitunter einfach grafisch konfiguriert werden, am Ende benötigt man dann aber doch oft individuelle Programmierung. Optimierte Regelungen erfordern oft einfach eine komplexe Logik. Will man z. B. die Nutzung des Strom-Überschusses optimieren, kommen schnell Fragen auf wie "soll ich erst den Hausspeicher laden oder das e-Auto oder soll erst mal der Geschirrspüler laufen?", "reicht der Überschuss vielleicht für alle aus?", "muss ich die Ladung reduzieren damit der Geschirrspüler laufen kann?", "kann ich den Hausspeicher für die Nacht auch noch am Nachmittag laden - scheint da die Sonne?", "erwarte ich heute Mittag eine Einspeisung jenseits der 70% Einspeisegrenze und sollte ich deshalb den Hausspeicher erst dann laden und jetzt lieber einspeisen?".

Für unserer Energiezelle haben wir das alles per openHAB realisiert. Das Bild zum Artikel zeigt eine Monitoring-Ansicht. Hier sieht man aktuelle Energieflüsse, Verbräuche und den Status einzelner Verbraucher. Ganz rechts sieht man die ungesteuerten Verbraucher ganz oben, dann die priorisierten Überschuss-Verbraucher und ganz unten dann die, die zuletzt dran kommen. Der Smart muss z. B. aktuell noch warten weil der verbleibende Überschuss geringer aus 1910 W ist. Wenn die Sonne richtig raus kommt geht es los.

Die Maximallösung hat neben dem zu treibenden Aufwand auch noch ein anderes Problem. Jeder Sensor / Aktor verbraucht selbst Strom, das summiert sich auf. Man sollte also hier schon bei jeder Ausbaustufe überlegen ob die Einsparungen die Kosten rechtfertigen. Wir haben (als Extremfall) aktuell über 100 Sensoren und Aktoren verbaut. Es geht hier nicht immer um Energiemanagement, sondern ganz oft auch um Komfort. Ein oder zwei Solarmodule extra brauchen die Gerätschaften dann aber schon...

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