In den letzten September-Tagen ist die Speichererweiterung also geliefert worden. Nachdem wir aktuell ohnehin nur auf die Statik warten können, ist das ein gutes Timing...

Zur Erinnerung: mit der Photovoltaik hatten wir vor zwei Jahren bereits einen Hausspeicher (BYD B-Box HVS Premium 12.8) eingebaut. Der Hausspeicher nimmt tagsüber überschüssige Energie auf und gibt sie nachts - bzw. wenn zu wenig Generatorleistung da ist - wieder ab. Damit sinkt die Menge an Einspeisung, es erhöht sich der Anteil an Verbrauch von Eigenstrom und die Autarkie. Im Rahmen der Errichtung der Kleinwindanlage wird der bestehende 12.8 kWh Speicher auf 25.6 kWh verdoppelt.

In den Frühzeiten der Kombination aus PV und Speichertechnik gab es immer heftige Diskussion - fast Glaubenskriege - ob das mit den Speicher Sinn macht. Man muss hier wieder mal das Thema Wirtschaftlichkeit und Beitrag zur Energiewende separat betrachten.

Die Wirtschaftlichkeit eines Speichers ergibt sich grob aus der Preisdifferenz zwischen Einspeisevergütung und Bezugspreis beim Versorger. Beispiel: am Mittag eines Tages werden z. B. 10 kWh mehr produziert als verbraucht werden können. Der Strom wird entsprechend eingespeist und mit 10 x 9 ct (bei uns) vergütet. Nachts fehlen dann im Beispiel 10 kWh und müssen vom Versorger inklusive Steuern / Netzentgelte für 10 x 30ct eingekauft werden. Hat man die 10 kWh stattdessen mittags gespeichert und zieht sie nachts wieder aus dem Speicher, spart man sich die Differenz, hier also 2,10 EUR. Die Gesamtersparnis durch den Speicher ist entsprechend die im Laufe des Lebenszyklus geladene / entladene Leistung mal die Preisdifferenz. Dem stehen die Anschaffungs- und Reparaturkosten gegenüber. Das genaue Bild ist natürlich komplizierter, hier sind steuerliche Aspekte, Kapitalkosten, Wandlung- und Speicherverluste (ganz grob 10%), Strompreisentwicklung etc. zu kalkulieren.

Will man die Rendite errechnen ist man schnell bei der Frage der Lebensdauer bzw. der sog. Energiedurchsatzmenge. Der Hersteller unseres Speichers BYD gibt eine Garantie für 10 Jahr auf mindestens 80% Speicherkapazität. Alternativ eine Durchsatzmenge von 31,21 MWh. Die zweite Angabe macht es einfach die minimale Gesamteinsparung zu ermitteln: nehmen wir mal konservativ an der Strompreis entwickelt sich Jahr über Jahr mit +3%. Dann ergibt sich in 10 Jahren ein mittlerer Bezugspreis von 34 ct, also eine Gesamteinsparung von 31210 kWh * (34 ct/kWh - 9 ct/kWh) = 7802 EUR. Das ist jetzt die Unterkante bei einer Lebensdauer von 10 Jahren, sind es 15 oder mehr verbessert sich das weiter. Mit der aktuellen Entwicklung der Strompreis sind die 34 ct aber illusorisch, 50 ct sind vermutlicher eher realistisch. Für unseren ersten Speicher haben wir inklusive Einbau 6900 EUR gezahlt. Dazu kam noch eine Förderung des Landes Schleswig-Holstein von 1200 EUR, Kosten waren also effektiv nur 5700 EUR denen eine minimale Ersparnis von 7800 gegenüber EUR stehen. Das sollte man also einfach machen.

Wie man aber sieht gibt es da eine Menge von Variablen die man abschätzen muss und je nach Rahmenbedingungen anders aussehen. So wird bei uns der zweite Speicher weit weniger (wenn überhaupt) rentabel sein. Der Preis des Speichers ist wegen der aktuellen Lieferketten-Problematik, Rohstoffpreisen, Nachfrage in den letzten zwei Jahren von 6700 EUR auf 8400 EUR gestiegen. Ich hatte mit der Beschaffung  in der Erwartung eines Preisverfalls gewartet. Ist in dem Zeitraum leider nicht passiert, Pech gehabt. Ein Förderprogramm gibt es aktuell auch nicht. Rechnen kann sich das wegen der Energiepreis-Explosion dennoch, es wird aber wohl eher ein Nullsummen-Spiel.

Jetzt ist Geld im Leben ja nicht alles, insoweit kommen wir zum zweiten Aspekt des Hausspeichers, dem Beitrag zur Energiewende. Eine genaue Quantifizierung des Effekt der CO2 Einsparung lasse ich hier mal weg. Das ist vor dem Hintergrund der Diskussion zum Recycling von Batteriezellen komplex und noch nicht mit einer breiten längerfristigen Erprobung unterfüttert. Die Vorhersagen sind jedoch eindeutig positiv und werden wohl in ein paar Jahren bestätigt werden.

Interessanter ist der Kontext der bei uns ja verprobten "dezentralen Energiezelle". Der Speicher trägt massgeblich zur Reduktion von nicht-lokalen Energieflüssen bei. Energie wird also zu Zeiten eines Überschusses lokal gespeichert und zu Zeiten der berüchtigten Dunkelflaute wieder zur Verfügung gestellt. Er dient damit der Reduktion von Spitzen und Mangelsituationen wie sie bei den nicht-steuerbaren regenerative Energiequellen Photovoltaik und Wind auftreten. Der Speicher ist also bereits bei rein lokaler Nutzung "Netzdienlich" und trägt zur Lösung des grossen Problems der eingeschränkten Speicher-Möglichkeit bei. Gerade bei der Windkraft treten wesentlich größere Ausschläge zwischen Maximal- und Minimalleistung auf (siehe auch Grafik im Beitrag Energiebilanz). Sie zu glätten wird nur mit Speichertechniken möglich - seien es Batterien oder Wasserstoff. Bei unverändertem Verbrauch ist die Autarkie unserer Zelle eine Masszahl für die Glättung der Ausschläge. Aktuell stehen wir da mit PV und Speicher bei 70%. Mit der Kleinwindanlage plus einer Speicherweiterung ist die Prognose 90% auf das ganze Jahr gerechnet. Nur für den verbleibenden Rest kann es notwendig werden fossile Energieträger zu nutzen - wenn überhaupt. Ich erlaube mir dann an dieser Stelle auch auf die Frauenhofer Studie "Wege zu einem klimaneutralen Energiesystem" zu verweisen in der das Thema im Grossen modelliert wird.  

Die Netzdienlichkeit von Speichern ist allerdings ein deutlich breiteres Thema als nur unsere dezentrale Zelle. So entwickeln sich hier Modelle bei denen man Teile seines Speichers z. B. einem Versorger zur Verfügung stellt. Der kann ungenutzte Kapazität dann nutzen um Energie übergeordnet zwischen zu speichern und das Gesamt-Energiebudget zu glätten. Technisch ginge das schon jetzt, es fehlen aber noch die Angebote und die Steuerungstechnik, vor allem aber der politische Wille und das Interesse der Versorger. Dramatisch größer wird das Potential mit den in e-Autos verbauten Kapazitäten. Schliesslich sind selbst grosse Hausspeicher wie unsere (siehe Bild) nichts gegen ausgewachsene Batteriesysteme in zum Beispiel einem Tesla S. Mit um oder über 100 kWh hat so ein Fahrzeug alleine vier mal so viel Kapazität wie die beiden Hausspeicher-Türme.

Aktuell verfolge ich noch eine Zwischenstufe der Netzdienlichkeit: anstatt nur selbst produzierten Strom zu speichern - vorwiegend im Sommer, kann man den Speicher zur Optimierung des Energiezukaufs nutzen. Der Preis von Strom variiert je nach Abdeckung durch regenerative Energien an der Strompreisbörse häufig sehr stark. Anbieter wie Tibber oder aWATTar erlauben den Bezug von Strom zu stundenaktuellen Preisen. Heute (3.10.22) ist der Endverbraucherpreis zwischen 0 und 4 Uhr morgens z. B. 25 ct. Heute Abend um 20h wird er aber 70 ct sein. Ist die Möglichkeit einer Verschiebung des Verbrauchs in die günstige Zeit ausgeschöpft, kann man also freie Batteriekapazitäten zwischen 0 bis 4 Uhr nutzen / laden um einen Bezug um 20h zu vermeiden. Neben dem positiven finanziellen Effekt ist das aber eben auch netzdienlich und erhöht den Anteil der regenerativem Energiequellen: einen günstigen Börsenpreis gibt es immer dann wenn der Energiebedarf regenerativ gedeckt werden kann, teuer wird es wenn fossile, speziell Gaskraftwerke ans Netz müssen. Der Preis ist also ein Masszahl für den grün-Anteil am Energiemix.

Aktuell läuft ein Prototyp, das sieht schon ganz gut aus. Im Winter wird der Nutzen deutlich nach oben gehen. Dann ist nämlich der Speicher weitgehend ungenutzt und nur dann beziehen wir überhaupt vom Versorger. Heute scheint die Sonne, da geht nichts. Zusammengefasst funktioniert das Modell nur wenn a) Speicher zur Verfügung steht, b) die Min/Max Preise weit genug auseinander liegen und c) überhaupt ein Bezug notwendig ist. Der Punkt b) ist wichtig weil Laden, Speichern und Entladen nicht verlustfrei sind. Bei unserem System machen AC / DC Wandlung bei Ladung, Speicherverluste und Verluste bei der abschliessenden DC / AC Wandlung ca. 16% aus. Fortsetzung folgt. ;-)

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