Die Akzeptanz von Windkraft an Land ist grundsätzlich hoch. Wer Interesse an den Details hat, der kann sich z. B. die 2022er Studie der Fachagentur Windenergie an Land e.V. anschauen. Da sagen 82% der Bevölkerung, dass Windenergie eher wichtig oder sehr wichtig ist. Interessanterweise sagen auch 84% der Bevölkerung die bereits Windkraftanlagen im Wohnungsumfeld haben, dass sie damit eher oder voll und ganz einverstanden sind.

Diese Studie hat allerdings den Fokus Grosswindanlagen bzw. Windparks. Kleinwindanlagen sind damit kaum vergleichbar, auf der emotionalen Ebene gibt es aber denke ich erhebliche Parallelen.

Ich will an dieser Stelle einmal anekdotisch über Reaktionen zu unserem Bauvorhaben sprechen. Das hat insoweit keinerlei statistischen Wert, spiegelt aber vielleicht die Stimmung wieder, die zu erwarten und adressieren ist wenn man sich an so ein Projekt macht. Ich möchte auch ein paar Empfehlungen geben.

Wie an anderer Stelle schon geschrieben, habe ich frühzeitig begonnen mein Umfeld auf den Bau der Kleinwindanlage anzusprechen. Nachdem man mir ja grundsätzlich freundlich gesonnen ist :-), war die Reaktion auch immer freundlich. Bei vielen bemerkt man allerdings an den folgenden Fragen ein gewisses Unbehagen über das was da auf einen zu kommt. In einer Umgebung, in der es noch keine Windkraftanlagen gibt, ist keine Erfahrung da. Auch fehlt ein Gefühl für die Dimension - die meisten haben denke ich eine grosse Anlage im Kopf und können das ohne Ansicht schwer relativieren.

Die Phase bis zum Bau ist insoweit etwas schwierig, es bleibt beim theoretischen. Es ist eine Phase, in der ein gewisses Vertrauen darauf, dass der Nachbar nichts abstruses macht, wichtig ist. Ich hatte immer ein Modell der Kleinwindanlage  (siehe Bild) in Griffweite, um das Größenverhältnis zum Haus darzustellen - das kann helfen.

Während der Bauphase gab es dann von desinteressiert über interessiert bis neugierig alles. Ein Non-Konformist ist man als Kleinwindanlagenbauer ohnehin, hat was von Daniel Düsentrieb. Wir haben regelmässig mit der Umgebung und Freunden gesprochen was gerade ansteht, welche Problem es gibt und wie es weiter geht. Ich denke, dass das auch wichtig und hilfreich ist um alle an das Thema heran zu führen. Auch das abschliessende Richtfest ist eine wichtiges Element Akzeptanz zu schaffen. Erstens macht es Spass (und ist mit dem Kippmast auch sehr spektakulär), das Windrad wird damit aber auch Bestandteil der Umgebung - es gehört jetzt dahin.

Man hört jetzt natürlich nicht alles was gesprochen wird, wir haben auf jeden Fall auch in dieser Phase keine Ablehnung erfahren. Ich denke, dass das zum Teil Glück ist, zum Teil der Umstand, dass wir im Aussenbereich wohnen und sehr viel Platz haben, zum Teil aber eben auch die Kommunikation und das Mitnehmen der Umgebung eine Rolle spielt.

Die Wochen nach Inbetriebnahme sind dann nochmal spannend. Wir hatten zwar Referenzanlagen im Betrieb gehört und gesehen, man muss aber auch selbst erst Erfahrung machen um zu verstehen inwieweit die Anlage eine Belastung darstellt. Wir waren wegen des grossen Abstandes zum Haus anfangs davon ausgegangen, dass man schlicht nichts hört. Das ist nicht so. Man nimmt die Anlage auch bei einer Distanz von 150 oder 200 Metern war. Sehr leise und nur bei viel Wind - weit weit weniger als ein Auto das vorbei fährt - aber eben wahrnehmbar. Ein schwaches Sirren bei hohen Windgeschwindigkeiten. Die Geräuschkulisse direkt am Mast hatte ich im letzten Beitrag beschrieben, das ist was anderes.

Formal sieht das mit den Geräusch-Emissionen so aus: die Baugenehmigung definiert die einzuhaltenden Schallpegel beim nächstgelegenen Nachbarn tagsüber (6-22h) mit 65 dB(A) und nachts (22-6h) mit 45 dB(A). Die Anlage kommt mit einem Gutachten mit Messpunkt in 100 Metern Abstand. Die gemessenen Werte liegen laut Gutachten im Bereich der Windstärken 3 bis 11 m/s bei 31 bis 43 dB(A). Oberhalb ist uninteressant weil die Anlage dann ja abgeschaltet wird. Anders ausgedrückt unterschreitet die Anlage das strengere Nacht-Limit bereits ab einem Abstand von ca. 80 Meter. Die Luftlinie zum nächsten Nachbarn beträgt bei uns mehr als 150 Meter. Das höhere Tag-Limit wird bereits bei 10 Meter Abstand eingehalten. Auch wenn man mit seinen Nachbarn grundsätzlich keine Streit haben will, ist die Baugenehmigung für den Betreiber hier also eine wichtige Absicherung der Investition.

Seitdem die Anlage in Betrieb ist gab es ein paar Reaktionen. Wieder alles anekdotisch.

Einmal kam die Frage ob die Anlage einen Lagerschaden hätte. Hintergrund war hier, dass wegen einer falschen Einstellung am Wechselrichter der Rotor eine Nacht frei lief und lediglich durch die Widerstände abgebremst wurde. Also wenig Windgeräusche und hohe Drehzahl. Das hört man dann schon, also berechtigte Frage.

Von vielen hören wird gar nichts und nur die Frage ob alles in Ordnung ist und die Produktion läuft. Vielleicht stört sich der eine oder andere an der Anlage, sagt es aber nicht.

Das häufigste Feedback war unverhofft positiv: ein Nachbar meinte "bei uns wird das Licht immer heller wenn die Anlage läuft", mehrmals haben wir auch gehört "ich freue mich jedes Mal wenn ich das Windrad sehe und es sich dreht". Dazu kommen dann Passanten die sich für das Thema interessieren und sich eine Einführung geben lassen.

Wir hoffen auf jeden Fall, dass wir den einen oder anderen zum Windkraft-Enthusiasten machen konnten. Diejenigen, die es vorher schon waren, können sich jetzt jeden Tag an unserer Kleinwindanlage am Bolbro-Haus erfreuen. :-)

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